soft manifolds
7.10 - 4.11.2023
In der Ausstellung von Anne Jungjohann und Enrico Niemann haben wir es mit vielschichtigen Prozessen zu tun, die durch Ein- und Entfaltungen taktile Bildobjekte erzeugen. Sie zeigen und verbergen in ihren ganz eigenen Herangehensweisen Details gemalter und gefalteter Flächen und schaffen so Bilder, die sich zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, zwischen Raumillusion und Betonung der realen malerischen Bildoberfläche bewegen.
Das Mannigfaltige begegnet uns in der Philosophie als Vielheit sinnlicher Eindrücke und als Grundlage empirischer Erkenntnisse. Bergson fasste sie für die Zeit als Kontinuum, als etwas Fließendes, Veränderliches und der Anschauung zugehöriges auf. In der Mathematik wird Mannigfaltigkeit zur Beschreibung gekrümmter, komplexer Flächen und Räume genutzt. Auch die beiden Künstler:innen nutzen auf vielfältige Weise die Formbarkeit des Materials und das Potenzial prozessualer Veränderung als Ausgangspunkt für ihre komplexen malerischen Bildkompositionen.
Niemann nutzt Faltungen als Ausgangspunkt seiner Bilder und Objekte. Er konstruiert und formt das Trägermaterial, auf dem die Malprozesse stattfinden, zur Herstellung dünner Farbhäute, die wiederum auf Papier übertragen werden. Dabei entstehen Farbflächen, die sich in den Raum erheben und ausdehnen, um ihn wie eine topografische Landschaft zu füllen. Oder aber sie werden, wie eine Karte dessen ausgebreitet, um in farbintensiven Verläufen die verschlungenen Verwicklungen aufzuzeigen.
Jungjohann komponiert ihre Bildobjekte inspiriert von digitalen Bildwelten durch die Dekonstruktion und erneute Komposition von eigenen Malereien. Hierbei nutzt sie in der Serie der Faltenarbeiten die Schichtung und Faltung des zuvor bemalten Leinwandstoffes, um in einer Art analogem Bildbearbeitungsprozess Reliefs mit ungeraden Umrissformen zu gestalten. So entstehen zeichenhafte Ausdrucksformen, die mit dem Raum als physischer Bildkörper in Beziehung treten.